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Mühlviertel

Wander- und Kulturtage im unteren Mühlviertel vom 02.– 06. Mai 2016

Ein Beitrag von Karl Blöchinger

Am 2. Mai machten wir uns auf den Weg: Brigitte, Christina, Edith, Heidi,Helga und Karl. Unser Ziel: das untere Mühlviertel nordöstlich von Linz, ein bäuerlich geprägtes hügeliges Land, mit einer weit in die Geschichte zurückreichenden kulturellen Tradition. Auf dem Fahrersitz unser Binder Hans, der uns nicht nur sicher über die kurvigen Strassen seiner Mühlviertler Heimat gesteuert hat, sondern nach langen Wanderungen auch wusste, wo es kräftiges bodenständiges Essen mit Zwickelbier und Most gegen den Durst gab.

Noch am selben Tag ging‘s los in Pregarten, einer Stadtgemeinde an den Ufern des Flüsschens Waldaist, urkundlich nachgewiesen erstmal 1230. Ein wildromantischer Wanderweg eingerahmt von hohen Felswänden schlängelt sich am Ufer des ungezähmten Flusses, der uns schließlich zum wartenden Auto führt.

Wie man im Mittelalter bis zur Neuzeit die Wasserkraft der Feldaist nutzte um Getreide zu mahlen, Baumstämme zu sägen und später Strom zu erzeugen, erklärte uns H. Robeischl in der Kumpfmühle, die er zusammen mit vielen fleißigen und geschickten Händen in jahrelanger harter Arbeit nach den Zerstörungen durch Hochwasser und dem Zahn der Zeit wieder aufgebaut und voll funktionsfähig den staunenden Besuchern vorführt. Einfach war es nicht, das Leben in der Mühle: häufige Überfälle auf das abgelegene Anwesen und die hohe Staubkonzentration brachten manchem Müllermeister einen frühen Tod und zwangen die Ehefrau, sich nach einem neuen Mann umzusehen.

Der nächste Tag führte uns zum Schloss Weinberg hoch über der Gemeinde Kefermarkt gelegen, von der der berühmte gotische Flügelaltar seinen Namen hat. Das seit dem 11./12. Jahrhundert existierende Schloss wurde um 1600 von Hans Wilhelm von Zelking im Renaissancestil modernisiert, musste aber kurze Zeit später im Zug der Gegenreformation an die katholischen Thürheimer verkauft werden. In den achtziger Jahren des 19. Jahrhundert war das Schloss so heruntergekommen, dass das Land Oberösterreich das Schloss gründlich renovierten lies und ein Landesbildungs- und Musikzentrum einrichtete.

Um den Kopf wieder frei zu bekommen marschierten wir sieben Wanderer über satte grüne Wiesen und durch gepflegte Waldwege vorbei an stattlichen Bauernhöfen und blühenden Obstbäumen auf den Buchberg, eine, wie diverse Funde bezeugen, bereits in der Jungsteinzeit besiedelte Anhöhe. Von der Fliehburg (Hoh-Haus), die im 11./12. Jahrhundert errichtet wurde ist nichts mehr erhalten. Allerdings haben fleißige Handwerker in vielen unbezahlten Arbeitsstunden einen ca. 9m hohen Aussichtsturm aus Holz hin gebaut, dessen Plateau einen weiten Blick über das Mühlviertel, ins Böhmische hinein und an klaren Tagen bis in die Alpen erlaubt. Richtung Norden lässt sich der Braunberg ausmachen, unser nächstes Ziel, mit der einzigen bewirtschafteten Alpenvereinshütte im Mühlviertel.

Waren wir anfangs noch recht optimistisch was das Wetter betrifft, so wurden wir bald eines Besseren belehrt. Der Himmel wurde immer dunkler, Donner und Blitz jagten uns Schrecken ein, gefolgt von heftigen Regengüssen. Wir flüchteten in die Scheune eines Bauernhofes, um das Ende des Regens abzuwarten. Da der Regen nicht aufhörte, entschlossen sich drei unserer Wanderdamen (zwei hatten schon am Buchberg kapituliert und sich von verständnisvollen Bauersleuten auf die Hütte kutschieren lassen) das Angebot des Bauern anzunehmen und die Hütte im Auto anzusteuern. Lediglich Hans und Karl kämpften sich durch den Regen auf die Braunberghütte, wo ein warmer Kachelofen und ein gastfreundlicher Wirt bereits warteten. Mit Genuss verzehrten wir die Haschee Knödel, von Rudolf dem Hüttenwirt köstlich zubereitet und spülten das Ganze mit einer Maß Zwickelbier hinunter.

Unser nächstes Ziel war Freistadt mit rund 7500 Einwohnern das schulische, kulturelle, medizinische und wirtschaftliche Zentrum des gleichnamigen Bezirks, gegründet im 13.Jahrhundert von den Babenbergern. Die wiedererstarkte Sonne begleitete uns auf einem Spaziergang durch die gotische Altstadt mit der mittelalterlichen Stadtbefestigung, den Wehrtürmen und den barocken Fassaden der Bürgerhäuser. Freistadt ist eine der wenigen Städte in Österreich, deren Befestigungsanlagen fast vollständig erhalten sind.

Der Mittwoch sah uns wieder in Wanderstiefeln und Regenschutz unterwegs zur Burg Reichenstein, einer Ruine nordöstlich von Pregarten.

Von der mittelalterlichen Anlage die im 13.Jh als Fluchtburg entstand ist heute nur mehr die Burgkapelle erhalten. Im 16. Jahrhundert baute der steirische Ritter Christoph Haym die mittelalterliche Burg zu einem prächtigen Renaissanceschloss um, dessen Reste das Gros der heutigen Bausubstanz bilden. Lange währte die Freude des Bauherrn an seinem prächtigen Schloss allerdings nicht: die geschundenen Bauern, die mit steigenden Abgaben und Frondiensten die Hauptlast an den Kosten tragen mussten, probten den Aufstand und erschossen den edlen Ritter hinterrücks. 1729 ist die Burg im Besitz der Starhemberg. 1750 wurde die Anlage von ihren Bewohnern verlassen und verödete danach. Seit 1989 wird sie restauriert.

Nachdem die Wetterfrösche meinten, am Donnerstag könnten wir die Regenrüstung zuhause lassen, und statt dessen die Sonnenbrille aus dem Koffer holen, wagten wir eine etwas längere Fahrt nach Grein an der Donau. Nach einem gemächlichen Bummel über den historischen Marktplatz ging’s bergauf Richtung Stillensteinklamm. Wunderbar die Aussicht auf das breite Band der Donau, deren Strudel gerade in diesem Flussabschnitt bei den Donauschiffern berüchtigt waren. Sehenswert ist Schloss Greinburg, das Wahrzeichen der Stadt und das älteste Wohnschloss Österreichs. Sein heutiges Aussehen ist bestimmt von der spätmittelalterlichen Burganlage aus den Jahren 1488 bis 1493 und den Umbauten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Zweck der Burg war die Sicherung des Landes gegen böhmische, ungarische und türkische Einfälle.

Bis heute ist das Schloss in Privatbesitz und gehört der Familienstiftung des herzoglichen Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Sehenswert seine historischen Repräsentationsräume, der stilvolle Arkadenhof, das spätgotische Diamantgewölbe, ein Mosaik, vollständig aus Donaukieselsteinen angefertigt(sala terrena), räumliche Architektur vortäuschend. 1969 wurde das Schloss renoviert und das Oberösterreichische Schifffahrtsmuseum eingerichtet, Es ist das einzige Schifffahrtsmuseum in Oberösterreich. Detaillierte Modelle repräsentieren die Geschichte der verkehrstechnischen Nutzung der Binnenschifffahrt auf der Donau und ihren Zuflüssen Inn, Salzach, Enns und Traun.

Am Abend konnten wir noch an einer Führung durch das Färbermuseum teilnehmen. Im „Färberhaus“ in der Gemeinde Gutau, in dem heute das „Färbmuseum“ eingerichtet ist, wurde noch bis 1968 mit der im Wesentlichen aus Indien stammenden Indigopflanze gefärbt und der „BLAUDRUCK“ hergestellt. Viele Sprichwörter, die wir täglich verwenden, kommen aus der „Blaufärberei“ etwa „der blaue Montag“, „ein blaues Wunder erleben“ oder „jemand in die Mangel nehmen“. Die „Mangel“ ist auch das Herzstück des Färbermuseums in Gutau, ist bis heute funktionsfähig und kann trotz ihrer 20 Tonnen Gewicht von nur einer Person bewegt werden.

Leider mussten wir am Freitag schon wieder Koffer packen, der Urlaub ging zu Ende. Aber noch wartete ein Höhepunkt auf uns. Der Rückweg führte uns nach Linz, der Stadt Bruckners, mit 200.000 Einwohnern die drittgrößte Österreichs und dank der vielfältigen Kulturangebote seit 2009 Kulturhauptstadt. Ein entspannter Bummel über den quirligen Hauptplatz, eingerahmt von den prächtigen barocken Hausfassaden vorbei an der Dreifaltigkeitssäule von 1723 aus weißem Marmor zum Mariendom, mit einer Kapazität von 20.000 Personen größte Kirche Österreichs mit den wunderbar leuchtenden Gemäldefenstern, hinauf zum Schloss, die Ruhe und den weiten Ausblick über die geschäftige Stadt an der Donau genießend. Nach einem kurzen Besuch des ars electronica centers zogen wir uns in den schattigen Klosterhof zurück, wo die gastronomische Kultur zu ihrem Recht kam und wir uns für die Rückfahrt nach Kirchheim stärken konnten.

Übrigens: übernachtet haben wir in Gutau, einem Markt mit knapp 3000 Seelen, dem Heimatort unseres Hans, beim Kirchawirt. Dass die Mühlviertler gesellige Leute sind und gutes Essen zu schätzen wissen, zeigt sich an der rekordverdächtigen Anzahl der Gasthöfe. Allein am Marktplatz präsentieren sich deren vier.

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